2006 fand in Kassel, in der Mitte Deutschlands, eine Konferenz deutscher Windkraftspezialisten statt. Das Thema: die Herausforderungen am Teststandort Alpha Ventus. Der Windpark Vindeby in Dänemark war bereits 15 Jahre zuvor gebaut worden, aber in Deutschland gab es nach wie vor keine Offshore-Windfarmen – vor allem, weil die Bedingungen für küstennahe Projekte ungünstiger waren. Deutschland wollte daher erforschen lassen, welche Probleme bei Offshore-Projekten auf hoher See entstehen und wie sie gelöst werden könnten.
Das war der Startschuss für Alpha Ventus. Die daran beteiligten Wissenschaftler konzipierten mehrere Forschungsprojekte, um die vom Pilotprojekt aufgeworfenen Fragen zu beantworten: Lassen sich die Windräder auch im tiefen Wasser sicher im Meeresboden verankern? Haben die Windräder negative Auswirkungen auf die Meeresfauna und die marinen Ökosysteme, insbesondere durch den Lärm und die Erschütterungen bei der Verankerung der Anlagen im Meeresboden? Würden U-Boote oder andere Schiffe mit den Windrädern kollidieren?
„Für Offshore-Windanlagen gab es nicht viele Fachleute“, sagt Bernhard Lange vom Fraunhofer-Institut. „Es musste erst einmal eine Community aufgebaut werden, die über das nötige Fachwissen für die Entwicklung verfügte.“
Wissenschaftler testeten, wie gut die Windräder dem rauen Klima der Nordsee standhalten konnten. Eine Wellenmaschine simulierte die Kraft der Brandung. Windgeschwindigkeit, Wellen und die Strömungen im für das Pilotprojekt vorgesehenen Areal wurden gemessen, und es wurden Modelle entwickelt, um zu simulieren, ob die Windräder diesen Bedingungen standhalten könnten. Außerdem wurde erforscht, wie die Fundamente für die Windräder im tiefen Wasser aussehen müssten und überwacht werden könnten.
Besonders kompliziert war die Tatsache, dass sich das Pilotprojekt nicht in Küstennähe befinden würde. Was für Schiffe und was für Hafenanlagen würden nötig sein, um 800 Tonnen schwere Windräder, die dazugehörigen Rotorblätter und sonstiges Material für den Bau (z. B. Kräne) zu transportieren? Wie teuer würde es sein, all das auf hohe See zu schaffen und die Windräder auf Fundamenten im tiefen Wasser zu errichten?
Als Alpha Ventus 2010 in Betrieb ging, waren viele technische Probleme im Zusammenhang mit dem Bau von Windkraftanlagen auf hoher See gelöst worden. Blasenvorhänge dämpften wirksam den Lärm, der durch die Verankerung der Fundamente im Meeresboden entstand, was die Umweltauswirkungen reduzierte. Die Meeressäuger, die das Gebiet in der Bauphase gemieden hatten, kehrten zurück.
Das Pilotprojekt wies nach, dass Offshore-Windfarmen mit größeren Anlagen auf hoher See möglich waren. „Das schuf Vertrauen in die Machbarkeit. Es war möglich“, so Lange, „und aus technischer Sicht funktionierte es.“