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- EIB-Forum in Wien - 7. und 8. November 2002
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- EIB-Forum in Wien 7. und 8. November 2002
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"Die Beitrittsländer haben es verdient, Mitglieder der EU zu werden". Sie haben äusserste gesellschaftliche, politische und wirtschafliche Anstrengungen unternommen; der erfolgreiche Übergang zu Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Marktwirtschaft war keineswegs eine Selbstverständlichkeit. Nachdem die Last der Erweiterung bislang überwiegend von den Beitrittsländern getragen wurde, habe die EU 15 Anlass, sich grosszügig und flexibel zu zeigen, denn auch die 15 hätten durch die Erweiterung nur zu gewinnen. EU-Kommissar Günter Verheugen gab sich vor den 550 Gästen des EIB Forums überzeugt, dass der politische Schwung für die Erweiterung nicht aufzuhalten sei und der Erweiterungs-Gipfel in Kopenhagen im Dezember ein Erfolg werde. Der entscheidende Test für die europäische Solidarität komme dann im Jahr 2003, wenn nach dem zu erwartenden positiven Entscheid des Europäischen Parlaments der Erweiterungsvertrag durch die 25 nationalen Parlamente ratifiziert werden muss. Kommissar Verheugen wie auch der Präsident des Europäischen Parlaments, Pat Cox, forderten mit Nachdruck dazu auf, eine engagierte gesellschaftliche Diskussion in Gang zu setzen, um Ängsten in der Bevölkerung zu begegnen und sie von den Chancen der Erweiterung für das gesamte Europa zu überzeugen. Dabei sei auch deutlich zu machen, dass eine Nichterweiterung für die Beitrittsländer katastrophal wäre und auch für die EU 15 den Verzicht auf wirtschaftliche Dynamik bedeuten würde.
Der Präsident der Republik Polen, Aleksander Kwasniewski, erinnerte die Forum-Gäste in einer Abendveranstaltung im Wiener Rathaussaal an die Teilung Europas vor 1989. Vieles sei seither erreicht worden, vieles noch zu tun, und der bisherige Erfolg gebe Kraft, die noch anstehenden Strukturreformen zu bewältigen. Die Erweiterung sei die grösste Gelegenheit, um Sicherheit, Vertrauen, Solidarität und Fortschritt zu sichern. "Wir glauben an Europa, wir glauben an unsere Zukunft." Polen sei wirtschaftlich weit vorangekommen, die Konkurrenz im Europäischen Binnenmarkt sei zwar eine Herausforderung, aber durchaus zu verkraften; nach 12 Jahren wirtschaftlicher Liberalisierung sei die polnische Wirtschaft jetzt in der Lage, vom Binnenmarkt zu profitieren, umso mehr wenn ausländische Direktinvestitionen weiterhin nachhaltig zur Modernisierung der Wirtschaft beitragen.
Der österreichische Finanzminister Karl-Heinz Grasser betonte die Notwendigkeit institutioneller Reformen der EU, um auch in einer EU 25 effiziente Enscheidungsmechanismen zu sichern. Er zeigte sich überzeugt, dass die Erweiterung für das gesamte Europa Vorteile bringen werde, besonders auch für Österreich, dessen Unternehmen sich stark in den Beitritssländern engagiert haben. Auf Jahrzehnte sei in den Beitrittsstaaten überdurchschnitlliches Wirtschaftswachstum zu erwarten, was Europa neue wirtschaftliche Dynamik verleihen sollte. Der niederländische Finanzminister Hans Hoogervorst forderte, die Mittel der EU effizienter einzusetzen, dort wo sie am dringendsten erforderlich sind. Der Finanzminister Ungarns, Csaba László, bekräftigte, dass die Regierung an ihrem bisherigen Kurs festhalten werde, durch eine auf Stabilität ausgerichtete Politik Auslandsinvestitionen anzuziehen und damit die Modernisierung der Wirtschaft voranzutreiben.
Rumänien und Bulgarien, wurde von Günter Verheugen betont, werden besondere Unterstützung erfahren, um sich auf ihren späteren Beitritt (2007) vorzubereiten, und erst nach deren Beitritt sei der jetzige Erweiterungsprozess als wirklich abgeschlossen zu betrachten.
Der ehemalige tschechische Notenbank-Gouverneur, Josef Tosovský erinnerte daran, dass die Mitgliedschaft der Beitrittsländer in der Europäischen Währungsunion Teil des Erweiterungsvertrages sei und deshalb die Frage nicht laute, ob, sondern wann die Beitrittsländer sich der Eurozone anschliessen . Hier gelte es, pragmatisch die Vor- und Nachteile abzuwägen.
Am zweiten Tag des Forums standen mehr praktische Fragen im Vordergrund, wie die Beitrittsländer den wirtschaftlichen Aufholprozess beschleunigen könnten. Unumstritten war, dass Modernisierung und Ausbau der Infrastruktur eine Schlüsselaufgabe sind und die Europäische Investitionsbank hierzu bereits einen entscheidenden Beitrag geleistet hat und, wie EIB-Präsident Philippe Maystadt unterstrich, sich auch weiter mit Nachdruck engagieren wird. Innovative Finanzierungsmodelle wie öffentlich-private Partnerschaften können dazu einen Beitrag leisten, und die EIB wird ihre europaweite Erfahrung mit solchen Modellen einbringen. Die Redner stimmten darin überein, dass es für einen zügigen Ausbau der Infrastruktur vor allem auch strategischer Planung bedarf, Mut, klare Prioritäten zu setzen und vor allem langfristige Finanzierungsangebote, wie sie von der EIB traditionell unterbreitet werden.
Unumstritten war ebenfalls, dass von ausländischen Direktinvestitionen ein ganz wesentlicher Anstoss für den Aufholprozess ausgeht, denn sie bringen Kapital und Know how in die Beitrittsstaaten. Auch hierfür bietet sich die EIB als starker und in den Beitrittsländern fest etablierter Finanzierungspartner an. Die EIB-Vizepräsidenten Wolfgang Roth und Ewald Nowotny wiesen zusammenfassend darauf hin, dass zur weiteren Steigerung von Direktinvestitionen jedoch noch Aufgaben zu bewältigen seien, wie die Festigung des Gesetzesrahmens und vor allem die praktische Durchsetzung der Gesetze, der Abbau von Überregulierung und bürokratischer Hemmnisse, mutigeres Vorgehen bei der Umstrukturierung von Unternehmen einschliesslich des notwendigen Personalabbaus, auch eine enge Zusammenarbeit der Unternehmen mit den Hochschulen der jeweiligen Region, um qualifizierte Arbeitskräfte auszubilden. Einmütigkeit bestehe auch darüber, dass es für Unternehmen hilfreich wäre, wenn Industrieansiedlungs-Agenturen ihnen lange Verwaltungswege ersparen würden und wenn zudem Anstrengungen unternommen würden, die notwendige Infrastruktur, auch solche, die unmittelbar den Unternehmen dient, auszubauen.
Der österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel hob besonders die Bedeutung der Osterweiterung für Österreich hervor, das von gleichzeitig vier Beitrittsländern umgeben ist und deren zu erwartendes starkes wirtschaftliches Wachstum auch gerade Österreich neue Dynamik geben dürfte. Die Kosten der Erweiterung stünden in keinem Verhältnis zu dem zu erwartenden sehr viel grösseren Gewinn und der Perspektive wieder stabiler Beziehungen mit den unmittelbaren Nachbarn des Landes.
Die Europäische Investitionsbank, das Finanzierungsinstitut der EU, ist mit Krediten von bislang EUR 18 Milliarden die wichtigste ausländische Finanzierungsquelle für die Beitrittsstaaten Mittel- und Osteuropas. Die EIB finanziert sowohl Infrastrukturen als auch Investitionen von Unternehmen, und über ihr engmaschiges Netz von Partnerbanken in den Beitrittsstaaten unterstützt sie auch Investitionen von kleinen und mittleren Unternehmen sowie Investitionen kleineren Betrages von Kommunen. Schwerpunkt der Finanzierungen der EIB in den Beitrittsländern waren bislang Investitionen im Infrastrukturbereich, vor allem zum Ausbau der Verkehrswege (Strasse wie Schienen und Flughäfen) und zum Ausbau des Telekommunikationsnetzes, um den Zugang der Beitrittsländer zum Europäischen Binnenmarkt zu erleichtern. Zunehmende Bedeutung haben inzwischen Umweltschutzinvestitionen erlangt. Investitionen in Infrastruktur und zum Umweltschutz kann die Bank zusammen mit Zuschüssen aus dem ISPA-Haushalt der Europäischen Kommission finanzieren, so dass hier besonders attraktive Finanzierungsangebote unterbreitet werden können. In jüngster Zeit hat sich die Bank mit der Finanzierung von ausländischen Direktinvestitionen eine neue Priorität gesetzt und bereits wesentliche Erfolge erreicht.
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