1. Wo liegen die größten Herausforderungen?
Der Verkehr ist ein Katalysator für Wirtschaftswachstum. Im Jahr 2015 machten verkehrsbezogene Ausgaben rund zwei Prozent des weltweiten BIP aus. Der Verkehr bietet Zugang zu Arbeitsplätzen, Bildung und Gesundheitsversorgung. Er verbindet Güter und Dienstleistungen mit den Märkten und ist ein wichtiger Wachstumsmotor.
Obwohl vor allem Frauen von einer nachhaltigen Mobilität profitieren, spiegelt sich dies in den Verkehrsplänen, -strategien und -projekten oft nicht wider. Um dieses Problem zu beheben, müssen die Bedürfnisse von Frauen stärker berücksichtigt werden, insbesondere in folgenden Bereichen:
- Mobilitätsverhalten und Erwartungen: Dies umfasst die Kombination verschiedener Mobilitätsmuster, Fahrtzwecke, Verkehrsmittel und Fahrtzeiten. Frauen (oder Männer), die kleine Kinder zu Fuß zur Schule bringen, legen wahrscheinlich mehr Wert auf Verkehrssicherheit (und damit auf verkehrsberuhigende Maßnahmen) als Männer (oder Frauen), die zur Hauptverkehrszeit mit dem Auto pünktlich zu einem wichtigen Termin kommen wollen.
- Physische Anforderungen: von der Höhe, in der Griffe und andere Elemente der Infrastruktur angebracht sind (Frauen sind im Durchschnitt kleiner als Männer), bis zum Zugang zu sanitären Anlagen.
- Sicherheitsaspekte: Wie das Europäische Institut für Gleichstellungsfragen berichtet, „sind Frauen im öffentlichen Verkehr mehr um ihre Sicherheit besorgt als Männer. So vermeiden Frauen beispielsweise Nachtfahrten bei schlechter Beleuchtung, weil sie körperliche und/oder sexuelle Übergriffe fürchten. Ebenso können überfüllte öffentliche Verkehrsmittel das Risiko sexueller Belästigung erhöhen“, was die Mobilitätsentscheidungen von Frauen beeinflusst.
- Teilhabe am Arbeitsmarkt: Europaweit sind derzeit 67 Prozent der Frauen und 79 Prozent der Männer erwerbstätig. Mit anderen Worten, es besteht ein geschlechtsspezifisches Beschäftigungsgefälle von 12 Prozent.2. Im Verkehrssektor sind lediglich 22 Prozent der Beschäftigten Frauen, die meisten in Verwaltungspositionen. Weniger als 5 Prozent arbeiten als Pilotinnen, Lkw-Fahrerinnen, Lokführerinnen oder in der Seefahrt.3 In Andalusien sind gerade einmal 17 Prozent der Beschäftigten im Landverkehr Frauen.4
- Der 2019 veröffentlichte Bericht über Gewalt gegen weibliche Beschäftigte in der Verkehrswirtschaft, der sich auf eine Umfrage unter europäischen Verkehrsbeschäftigten stützt, enthält alarmierende Hinweise darauf, dass Frauen überall in Europa einem hohen Maß an Gewalt am Arbeitsplatz ausgesetzt sind. 25 Prozent der befragten Frauen meinen, dass Gewalt gegen Frauen im Verkehrssektor regelmäßig vorkommt, und 26 Prozent glauben, dass Belästigung im Verkehrssektor „zum Job dazu gehört“.
Daran etwas zu ändern, hat für die andalusische Regionalregierung und die Europäische Investitionsbank hohe Priorität. Mit dem Gesetz zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter5 sorgt Andalusien dafür, dass Gleichstellungsbelange bei der Planung von Verkehrssystemen berücksichtigt werden.
„Die Talente und Fähigkeiten von Frauen sind Schlüsselfaktoren, um unsere Ziele für die wirtschaftliche Erholung, nachhaltige Entwicklung und den Übergang zur Klimaneutralität zu erreichen“, so Marifran Carazo, Ministerin für Infrastrukturentwicklung der andalusischen Regionalregierung. „Gläserne Decken zu durchbrechen, ist nicht nur ein Gebot der Fairness, sondern auch unsere Pflicht, wenn wir die Gesellschaft stärken wollen. Unser Recht auf Gleichstellung beruht nicht darauf, dass wir mutig, kompetent oder kompetitiv sein können, sondern allein darauf, dass wir Menschen sind.“
Aus Sicht der Europäischen Investitionsbank ist Geschlechtergerechtigkeit ein Grundwert der Europäischen Union und eines der zentralen UN-Ziele für eine nachhaltige Entwicklung.
„Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist zwar ein Kernprinzip der Europäischen Union, sie ist aber noch lange nicht verwirklicht“, so Ursula von der Leyen. „In der Wirtschaft, in der Politik und in der Gesellschaft als Ganzes können wir unser Potenzial nur entfalten, wenn wir all unsere Kompetenzen und unsere Vielfalt voll ausschöpfen. Nur die Hälfte unserer Bevölkerung, unserer Ideen oder unserer Energie einzusetzen, reicht nicht aus“, betonte sie.
Im Jahr 2016 verabschiedete die Bank der EU die erste Strategie der EIB-Gruppe zur Gleichstellung der Geschlechter und zum wirtschaftlichen Empowerment von Frauen und legte Gender-Aktionspläne dazu vor. Der Europäischen Investitionsbank ist es auch ein zentrales Anliegen, Gleichstellungsaspekte in allen von ihr geförderten Projekten zu berücksichtigen.
„Frauen spielen eine wichtige Rolle bei der Lösung des Klimaproblems: Sie gründen mit größerer Wahrscheinlichkeit auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Unternehmen, interessieren sich mehr für Energieeffizienz und investieren eher in erneuerbare Energien“, so EIB-Präsident Werner Hoyer. „Doch obwohl sie so viel bewirken könnten, haben Frauen wesentlich mehr Schwierigkeiten, an Geld für ihre Investitionen zu kommen. Hier kann die EIB helfen.“