Holpriger Weg zur flächendeckenden Versorgung
Marokko begann 2002 mit der Umsetzung von Plänen für eine flächendeckende Gesundheitsversorgung. Der Weg ist lang und steinig, führt aber doch zu greifbaren Ergebnissen. Die Lebenserwartung in Marokko ist hoch, und wichtige Indikatoren haben sich stetig verbessert. So sank die Kindersterblichkeit von 42 Todesfällen pro 1 000 Lebendgeburten im Jahr 2000 auf 20 Fälle im Jahr 2017.
Die jüngste Initiative zur Ausweitung der Gesundheitsversorgung besteht in einer Fünfjahresstrategie (2017–2021) mit folgenden Zielen: Verbesserung der Krankenhausressourcen, Ausweitung des Krankenversicherungsschutzes auf Selbstständige und Freiberufler, Aufstockung des Personals im Gesundheitswesen und Standardisierung der Ausbildung von Medizinstudierenden in Marokko.
Die Regierung nimmt für die Umsetzung der Pläne viel Geld in die Hand. Der Oxford Business Group zufolge stiegen die staatlichen Gesundheitsausgaben im Jahr 2019 nominal um 10 Prozent, und die Gesamtinvestitionen in das Gesundheitswesen im öffentlichen und privaten Sektor um 40 Prozent.
Tatsächlich haben jedoch viele Menschen in Marokko noch immer keinen Zugang zur medizinischen Versorgung, insbesondere zur Primärversorgung. Das dritte Ziel für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen sieht einen flächendeckenden Zugang mindestens zur Grundversorgung vor. Dieser Zugang ist vielen Marokkanerinnen und Marokkanern jedoch verwehrt, weil sie in ländlichen Gebieten leben oder nicht dem staatlichen Krankenversicherungssystem RAMED angehören.
„Auch wenn arme und vulnerable Gruppen auf dem Papier das Recht auf kostenlose medizinische Versorgung haben, gibt es noch gravierende strukturelle, personelle und qualitative Mängel“, betont Barone.
Jetzt oder nie
Die breite Welle der internationalen Unterstützung für Marokko in der Pandemie könne wichtige Impulse setzen, um die verbleibenden Baustellen anzugehen und den Zugang zur Gesundheitsversorgung zu verbessern, so Barone. Und sie ergänzt: „Wir müssen die akute Krise jetzt für Reformen nutzen, die normalerweise viel mehr Zeit in Anspruch nehmen.“
Auch dabei kann die Europäische Investitionsbank eine wichtige Rolle spielen. Barone zufolge kann die Bank der EU zu einer besseren Zusammenarbeit im marokkanischen Gesundheitssystem beitragen, indem sie Know-how und technische Unterstützung bereitstellt. Und sie kann die Modernisierung und den Bau von Krankenhäusern fördern, insbesondere im ländlichen Raum.
Die Europäische Union und Marokko arbeiten an einer neuen Kooperationsagenda für den Zeitraum 2021–2027, die auch den Reformen neue Dynamik verleihen könnte. „Jetzt bietet sich die große Chance, die richtigen Prioritäten zu setzen, um die Wirtschaft des Landes anzukurbeln und die Gesellschaft zu unterstützen. Eine bessere Gesundheitsversorgung muss ein Eckpfeiler des Aufschwungs werden“, so Barone.