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Wie schlimm ist die Klimakrise? Kein Zweifel – es sieht düster aus. Doch es gibt Gründe für vorsichtigen Optimismus. Experten der EU-Klimabank sagen warum


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Wie schlimm ist die Klimakrise? Kein Zweifel – es sieht düster aus. Doch es gibt Gründe für vorsichtigen Optimismus. Experten der EU-Klimabank sagen warum


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[Experten geben Antworten auf die Frage: Wie schlimm ist die Klimakrise?]


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[Kein Zweifel – es sieht düster aus. Doch es gibt Gründe für vorsichtigen Optimismus. Top-Experten von der Klimabank der EU geben Antworten.]


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[Kein Zweifel – es sieht düster aus. Doch es gibt Gründe für vorsichtigen Optimismus. Top-Experten von der Klimabank der EU geben Antworten.]


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Von Edward Calthrop und Chris Hurst1

Die 2020er-Jahre werden oft als das „entscheidende“ Jahrzehnt bezeichnet. Denn wenn wir das Schlimmste verhindern wollen, müssen die Emissionen in den nächsten zehn Jahren weltweit rapide sinken. Wir müssen sie halbieren, um die Erderwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts auf 1,5 Grad zu begrenzen.

Schauen wir auf 2021 zurück, das erste Jahr dieses entscheidenden Jahrzehnts. Welche echten Signale gab es bei all dem Lärm um Klimapolitik und Klimafinanzierung? Können wir jetzt gut gelaunt ins Jahr 2022 starten, weil die Welt endlich auf den 1,5-Grad-Pfad eingeschwenkt ist? Oder sollten wir wie Greta Thunberg viele der Schlagzeilen als „Blah blah blah“ aus dem globalen Norden abtun?

Eine gewisse Skepsis liegt nahe. Die globalen Emissionen haben 2021 wieder ihr Vorkrisenniveau erreicht, die Bepreisung fossiler Brennstoffe ist immer noch ineffizient, und viele der jüngsten Zusagen zur Klimaneutralität bleiben, gelinde gesagt, vage. Das ist besorgniserregend! Aber wir sollten auch die Erfolge nicht verkennen. Dieser Artikel beleuchtet drei Punkte im Jahr 2021, die vorsichtig Hoffnung auf eine schnelle Minderung der globalen Emissionen machen. Dabei gehen wir auf einige Kernthemen der Klimafinanzierung ein, die in den nächsten ein bis zwei Jahren dominieren dürften.

Verheerende Folgen

Beim Rückblick auf das Jahr 2021 sind zunächst die tragischen Folgen der extremen Wetterereignisse zu nennen. Die Liste ist lang.2 Mitte Juli wurden Teile Westeuropas von extremen Niederschlägen heimgesucht. In einigen Regionen fielen an einem einzigen Tag mehr als 90 Millimeter Niederschlag – etwa ein Zehntel des Jahresdurchschnitts. Bei den folgenden Überschwemmungen starben mindestens 240 Menschen, vor allem in Deutschland und Belgien. Kurz darauf kletterten die Temperaturen auf Rekordniveau. Auf Sizilien wurde Anfang August ein neuer Hitzerekord von 48,8 Grad gemessen, in Griechenland und der Türkei wüteten verheerende Brände.

Die Wetterextreme beschränkten sich nicht auf Europa. Beispiel: Im Juli führten sintflutartige Regenfälle in der chinesischen Provinz Henan zu massiven Überschwemmungen, denen 302 Menschen zum Opfer fielen. In der Provinzhauptstadt Zhengzhou fielen in drei Tagen etwa 620 Millimeter Niederschlag, was ungefähr dem Jahresdurchschnitt der Region entspricht. Besonders tragisch: Fahrgäste der U-Bahn wurden im abendlichen Berufsverkehr durch das schnell ansteigende Wasser eingeschlossen. Die Rettungskräfte versuchten mit allen Mitteln, das Dach des Zuges noch rechtzeitig abzutrennen. 500 Personen konnten erfolgreich evakuiert werden. 12 Menschen verloren ihr Leben.

Der Zusammenhang zwischen der Erderwärmung und extremen Wetterereignissen ist seit vielen Jahren bekannt. Der Weltklimarat (IPCC) überprüfte 2021 im ersten Teil seines Sechsten Sachstandsberichts systematisch die neuesten Erkenntnisse und wählte mit Blick auf den kausalen Zusammenhang diesmal deutlichere Worte. Vor allem auf regionaler Ebene wird das Risiko von Wetterextremen immer besser verstanden und erfasst. Die Ereignisse im Jahr 2021 bestätigen, was die Forschenden seit Jahrzehnten predigen: Wir müssen die weltweiten Emissionen in diesem Jahrzehnt drastisch eindämmen.

1.       Emissionen steigen, Preise senden falsche Signale

Die erste Frage lautet deshalb: Wir haben sich die weltweiten Emissionen im Jahr 2021 entwickelt? Die Antwort ist auf deprimierende Weise vorhersehbar. Sie sind nahezu wieder auf das Niveau vor der Pandemie gestiegen. Wie Abbildung 1 zeigt, wurden Schätzungen3 zufolge 2021 weltweit 36,4 Gigatonnen CO2 ausgestoßen. Das sind etwas mehr als sieben Prozent des verbleibenden CO2-Budgets4 für das 1,5-Grad-Ziel. Anders ausgedrückt: Bei diesen Emissionen werden wir unser weltweites Budget in 13 Jahren überschreiten. Noch ist es uns nicht gelungen, die „Emissionskurve nach unten zu biegen“. Aus der Abbildung wird nicht einmal klar, ob wir – außer in der ein oder anderen Wirtschaftskrise – den historischen Trend des unaufhörlichen jährlichen Anstiegs der weltweiten Emissionen gebrochen haben.


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Abbildung 1 Weiterer Anstieg der CO2-Emissionen in 2021

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Dieser Anstieg dürfte nicht überraschen. Das globale Energiesystem ist noch immer recht träge. Nach wie vor sind die Preise für fossile Brennstoffe weltweit zu niedrig, weil Regierungen entweder Produzenten subventionieren oder die externen Kosten des Verbrauchs/der Verbrennung nicht berücksichtigen. Wie Abbildung 2 zeigt, liegt der Preis für fast 90 Prozent des weltweiten Kohleverbrauchs nach Schätzung des IWF bei weniger als 20 Prozent der vollen sozialen Kosten. Das sind die Kosten der globalen Erwärmung, der Luftverschmutzung und anderer externer Effekte. Am extremsten ist es bei Kohle, aber auch die Preise für Erdgas und Erdöl (als Kraftstoffe für den Straßenverkehr) sind weltweit durchweg zu niedrig angesetzt. Dies gilt selbst im aktuellen Kontext, in dem der Erzeugerpreis für Erdgas nach oben schnellt. Eine wirksame Klimapolitik erfordert deutlich mehr als nur eine Preisreform. Klar ist aber auch: Ohne stärkere Preissignale werden Verbraucher und Erzeuger ihr Verhalten in diesem Jahrzehnt nicht radikal ändern.


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Abbildung 2 Tatsächliche und effiziente Preise für fossile Brennstoffe weltweit im Vergleich

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Das entscheidende Jahrzehnt bedeutet: Wir müssen das globale Wachstum komplett von den Emissionen entkoppeln. Davon sind wir noch weit entfernt – wahrscheinlich viele Jahre. In diesem Sinne hat Greta Thunberg Recht. Aber noch ist nicht alle Hoffnung verloren. 2021 zeichneten sich mehrere Trends ab, die in puncto Strukturwandel Anlass zu vorsichtigem Optimismus geben.

2.       Gründe für vorsichtigen Optimismus

Mit Blick auf das Jahr 2021 stechen drei Punkte hervor: Erstens, die große Zahl der weltweiten Netto-Null-Zusagen. Zweitens, nachhaltige Finanzierungen rückten in den Fokus der Kapitalmärkte. Und drittens, in den internationalen Diskussionen über Klimafinanzierungen wurde häufiger über Anpassungsprojekte gesprochen. All dies wird in den kommenden Jahren den Kurs bei der Klimafinanzierung bestimmen.

Punkt 1: Weltweit bekennen sich die (meisten) Länder zu Netto-Null-Emissionen – die EU zeigt, wie man dabei glaubwürdig ist

Viele Länder haben im Laufe des Jahres 2021 Netto-Null-Zusagen gemacht. Konkret wollen inzwischen 140 Länder Netto-Null-Ziele umsetzen oder in Betracht ziehen. Auf sie entfallen 90 Prozent der weltweiten Emissionen5. Für diejenigen, die sich an das Scheitern des Klimagipfels COP 21 im Jahr 2015 erinnern, ist dies ein außerordentlich gutes Ergebnis. Damals gingen die meisten Prognosen von einer Erwärmung um etwa 3,7 Grad bis zum Jahr 2100 aus. Mit den nationalen Klimabeiträgen für die Agenda 2030 steuern wir nun auf 2,4 Grad zu, in einem optimistischen Szenario wären sogar 1,8 Grad denkbar (siehe Glasgow’s 2030 credibility gap). Auch wenn das nicht reicht, sollte die COP 26 als eine erfolgreiche Etappe gesehen werden, die weltweit den Druck auf die Akteure erhöht.

Natürlich lässt sich an der Glaubwürdigkeit solcher Ziele zweifeln. Die Europäische Union hat gezeigt, wie man die Skepsis ausräumt. Am 29. Juli 2021 trat das Europäische Klimagesetz in Kraft, das die Treibhausgasneutralität bis 2050 als rechtsverbindliches Ziel festschreibt. Es legt die notwendigen Schritte dahin dar – vor allem für das neue Ziel, die Emissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 zu senken – und enthält eine Reihe von Vorschlägen, um alle relevanten Instrumente auf den Prüfstand zu stellen. Zudem legt das Gesetz ein Verfahren zur Festlegung eines Zwischenziels für 2040 fest.

Das Gesetz schafft einen allgemeinen Rahmen. In den kommenden Jahren wird die Europäische Union viel politisches Kapital in die Klärung der Details stecken. Das überrascht nicht, wenn man bedenkt, was auf dem Spiel steht und was dies für verschiedene Teile der Gesellschaft bedeutet. Aber die Richtung ist klar. Das Gesetz sendet ein deutliches Signal an die Märkte – gut erkennbar am starken Anstieg des Preises6 für die Emission einer Tonne Kohlendioxid im EU-Emissionshandelssystem auf über 80 Euro im Jahr 2021. Die Preise werden kurzfristig zwar zwangsläufig schwanken, aber der Markt geht nun fest von höheren und steigenden Kohlenstoffpreisen (über dem Niveau vor 2020) aus.

Diese Preiserwartungen ändern allmählich die wirtschaftlichen Prämissen7 einiger Technologien, die für eine Netto-Null-Welt wahrscheinlich benötigt werden, etwa die CO2-Abscheidung, -Speicherung und -Nutzung8 oder die Wasserstofferzeugung9 durch Elektrolyse. Gleichzeitig müssen alle Unternehmen, die derzeit in ihrer Blase des Emissionshandelssystems erhebliche Mengen an Treibhausgasen ausstoßen, Investoren eine Wachstumsstrategie für eine Welt mit anhaltend hohen CO2-Preisen präsentieren. Genau das tun führende europäische Unternehmen – mit detaillierten und glaubwürdigen Dekarbonisierungsplänen. Wie viele Finanzvorstände inzwischen einräumen, wird es für Unternehmen immer wichtiger, Auskunft über ihre Nachhaltigkeit zu geben, denn so lassen sich Kapitalkosten senken.

Dies gilt nun auch für den Zugang zu Finanzierungen der Europäischen Investitionsbank. 2021 legte die Bank der EU einen umfangreichen Rahmen für die Paris-Ausrichtung von Geschäftspartnern vor, der insbesondere für Unternehmen gilt, die hohe Emissionen verursachen oder signifikanten Risiken aus aktuellen oder künftigen Klimaänderungen unterliegen. Der Rahmen der Gruppe legt die Mindestanforderungen an die Anpassungspläne der Unternehmen fest. Er gilt auch für Aktivitäten, die sich nur schwer mit den Zielen des Pariser Abkommens vereinbaren lassen.

Für Regierungen, die ernsthaft Glaubwürdigkeit aufbauen wollen, bietet das EU-Klimagesetz eine Vorlage. Das Vereinigte Königreich und Japan verfolgen einen ähnlichen Ansatz. Auch wenn unterschiedliche Wege beschritten werden – allein das Bekenntnis zu einem Ziel gibt den Menschen eines Landes, den Verbrauchern und den Wählerinnen ein Werkzeug an die Hand, um Verantwortliche künftig zur Rechenschaft zu ziehen. Ein Land, das schon aufgrund seiner historischen Verantwortung für die Emissionen mehr tun könnte, sind die USA. Doch die senden weiterhin gemischte Botschaften. Zweifel? Dann sehen Sie sich die ernüchternde Aussage von Carl Sagan vor dem US-Kongress im Jahr 1985 an. Und spulen Sie dann 36 Jahre bis zur COP 26 vor, wo die USA noch immer nicht in der Lage sind, sich gemeinsam mit 23 anderen Ländern zu einem Kohleausstieg zu verpflichten.

Punkt 2: Jetzt rücken nachhaltige Finanzierungen in den Fokus

2021 hat die EU die EU-Taxonomie verabschiedet. Die Idee dahinter ist einfach und wirkungsvoll: Der Kapitalbinnenmarkt der EU soll mit klaren Kriterien für die Kennzeichnung nachhaltiger Aktivitäten vertieft werden. Greenwashing soll es nicht mehr geben. Erreicht wird dies durch einen konzeptionell einfachen Rahmen: Anhand technischer Kriterien wird festgestellt, ob eine Tätigkeit wesentlich zu einem Umweltziel (z. B. Klimaschutz) beiträgt, ohne einem anderen Umweltziel (Anpassung an den Klimawandel, Schutz der Wasserressourcen, Kreislaufwirtschaft, Vermeidung von Umweltverschmutzung, Schutz von Biodiversität) zu schaden.

Sich auf das Konzept zu einigen ist eine Sache. Sich auf konkrete Kriterien zu einigen, etwas anderes. Die EU hat dies Ende 2021 mit der Verabschiedung des ersten delegierten Rechtsakts zur EU-Taxonomie zum Klimawandel geschafft. Damit hat sie die Aufmerksamkeit des Marktes auf sich gezogen, wie die 46 589 Antworten auf die Konsultation der Kommission belegen. Die Taxonomie dürfte sich auch direkt auf die Entwicklung neuer Projekte auswirken. Angesichts enger Finanzierungsmargen und des Inflationsdrucks werden Projektentwickler alle Möglichkeiten ausloten, um ihre Kapitalkosten zu senken. Ein Projekt, das die Kriterien der EU-Taxonomie erfüllt, ist da sicher hilfreich. Es wird auf die Details ankommen: Bauträger dürften Luftdichtheitsprüfungen mehr Aufmerksamkeit beimessen; Windparkentwickler dürften stärker auf das Recycling von Schlüsselkomponenten oder die Resilienz gegenüber Klimaveränderungen achten. Banken und Finanzberater stellen bereits Fragen, Wirtschaftsprüferinnen und die Consultingbranche machen sich startklar. Zumindest dieser Zug lässt sich seit 2021 nicht mehr aufhalten.

Solide Definitionen für grüne Finanzierungen sind das eine. Doch es hilft wenig, wenn Geldgeber andere Investitionen weiter finanzieren, die nur schwer mit den Pariser Temperaturzielen vereinbar sind. Die sogenannte Paris-Ausrichtung wird zunehmend in die Praxis umgesetzt. Den vielleicht besten Beleg dafür lieferte auf der COP 26 die Initiative Glasgow Financial Alliance for Net Zero, deren Unterzeichner 130 Billionen US-Dollar klimaneutral einsetzen und klare Ziele und Zeitpläne für grüne Investitionen festlegen wollen. An der Initiative beteiligen sich auch 98 Banken aus 40 Ländern, die für 43 Prozent des weltweiten Bankenvermögens (66 Billionen US-Dollar) stehen. Diese Größenordnung brauchen wir auch10: Laut Schätzung der Internationalen Energie-Agentur sind jährlich weltweit Investitionen von rund 5 Billionen US-Dollar erforderlich, um das Netto-Null-Ziel zu erreichen.

Die Zunahme nachhaltiger Finanzierungen ist zu begrüßen. Aber wir sollten uns nicht zu früh freuen. Es bleibt noch viel zu tun. Im November veröffentlichte die Europäische Zentralbank die Ergebnisse einer aufsichtsrechtlichen Überprüfung der Methoden, die Banken beim Management von Klima- und Umweltrisiken anwenden. Ergebnis? Eine Selbstbeurteilung von 112 europäischen Bankinstituten zeigt, dass keines auch nur annähernd in der Lage ist, seine Methoden vollständig mit den aufsichtsrechtlichen Erwartungen in Einklang zu bringen.


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Abbildung 3: Management von Klima- und Umweltrisiken im Bankensektor

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Die gute Nachricht: Praktisch alle Institute, die eine eingehende Beurteilung vorgenommen haben, gehen davon aus, dass Klimarisiken ihr Risikoprofil in den kommenden drei bis fünf Jahren wesentlich beeinflussen werden. Mit anderen Worten: Das Problem ist allgemein bekannt. Die EZB kommt zu dem Schluss, dass Strategien und Verfahren zwar angepasst werden, aber nur wenige Institute bislang eine Risikopraxis eingeführt haben, die sich spürbar auf ihre Strategie und ihr Risikoprofil auswirken. Abbildung 3 zeigt, was noch vor uns liegt. Demnach haben „die meisten Banken einen ‚blinden Fleck‘ in Sachen Klima- und anderen Umweltrisiken wie dem Verlust der biologischen Vielfalt und der Umweltverschmutzung.“ Wir sollten die enormen Fortschritte zwar begrüßen, aber auch mit den Füßen auf dem Boden bleiben.

Punkt 3: Anpassung rückt in den Fokus der internationalen Klimafinanzierung

In Glasgow einigten sich die Industrieländer darauf, die Anpassungsfinanzierungen für Entwicklungsländer bis zum Jahr 2025 zu verdoppeln. Das wären jährlich etwa 40 Milliarden US-Dollar. Damit wurde erstmals ein Ziel für Anpassungsinvestitionen vereinbart. Es ist im weiteren Kontext des Klimapakts von Glasgow zu sehen, der den Weg für verstärkte Klimafinanzierungen – Anpassung, Schutz und nachhaltige Entwicklung – vorgibt.

Das sind gute Neuigkeiten. Dass die Industrieländer ihre Zusage, bis 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar bereitzustellen, nicht eingehalten haben, wurde von den Entwicklungsländern verständlicherweise als Vertrauensbruch empfunden. Der Climate Finance Delivery Plan und der daraus resultierende Klimapakt helfen, die Dinge wieder in Gang zu bringen. Darüber hinaus setzt der Klimapakt stärker auf die Klimaanpassung und kommt damit einer langjährigen Forderung vieler Entwicklungsländer nach. Entwicklungsländer tragen fast keine historische Verantwortung für den Klimawandel. Dennoch müssen sie in ihren Entwicklungsstrategien überlegen, wie sie sich gegen aktuelle und künftige Klimaänderungen wappnen.

Anpassungsinvestitionen sind wichtig für ein stärkeres, grüneres, robusteres und chancengerechteres Wachstumsmodell. Viel Sonne und zum Teil starke Winde sowie Wasserkraft und Geothermie bescheren großen Teilen des afrikanischen Kontinents einen komparativen Vorteil bei der Erzeugung von Grundlaststrom aus erneuerbaren Quellen. 2021 machte Namibia Fortschritte bei seinem ehrgeizigen Plan, Wasserstoff aus grünem Grundlaststrom zu erzeugen und diesen dann als grünes Ammoniak nach Europa zu exportieren. Es bleibt zwar noch viel zu tun, aber die im vergangenen Jahr mit Deutschland, Belgien und dem Hafen Rotterdam unterzeichneten Vereinbarungen belegen: Die Märkte meinen es ernst.

Diese Art der grünen Entwicklung ist nur möglich, wenn in eine Basisresilienz gegenüber dem künftigen Klimawandel investiert wird. Der Agrarsektor, der 60 Prozent des afrikanischen BIP stellt und 80 Prozent der Nahrungsmittelversorgung Afrikas sichert, muss in der Lage sein, längere Dürreperioden zu überstehen. Die langfristige Stadt- und Regionalplanung muss die steigenden Meeresspiegel, den zunehmenden Wasserstress und höhere Temperaturen berücksichtigen. Infrastrukturvorhaben erfordern eine gut durchdachte Planung, die sich auf zukünftige Klimadaten stützt und solide Instandhaltungsprogramme vorsieht. Dies ist relativ neu, aber angesichts begrenzter Kapazitäten und finanzieller Ressourcen des öffentlichen Sektors in Zukunft unerlässlich.

Öffentliche Banken und Entwicklungsagenturen spielen bei der Förderung von Anpassungsinvestitionen eine wichtige Rolle. In ihrem ersten Klimaanpassungsplan hat die EIB ihre Absicht bekräftigt, im Rahmen des Africa Adaptation Acceleration Program enger mit dem Global Center on Adaptation und der Afrikanischen Entwicklungsbank zusammenzuarbeiten. Die Initiative, die von der Afrikanischen Union genehmigt und auf dem Climate Adaptation Summit 2021 gestartet wurde, soll in erster Linie die Ernährungssicherheit durch die Einführung digitaler Technologien in der Agrarwirtschaft verbessern. Sie hilft, vorhandene Infrastruktur durch gezielte Investitionen anpassungsfähiger zu machen und hat auch die Entwicklung geeigneter Finanzierungsmodelle zum Ziel.

Die Anpassung an den zukünftigen Klimawandel wirft heikle politische Fragen auf, insbesondere wenn der Einsatz öffentlicher Mittel hohe Opportunitätskosten bedeutet. Es bedarf einer eingehenden technischen Analyse, um kosteneffiziente Investitionen in einem Umfeld zu ermitteln und zu priorisieren, das von signifikanter langfristiger Unsicherheit geprägt ist. Beispiel: Sie sollen über eine Anpassungsinvestition in einem örtlichen Krankenhaus entscheiden. Investition A kostet 100 Euro und bringt einen Nutzen von 2 000 Euro, wenn der Temperaturanstieg bei 1,5 Grad bleibt. Sie ist aber wirkungslos, wenn der Temperaturanstieg bei über 2 Grad liegt. Im Gegensatz dazu kostet Investition B 300 Euro und bringt bei allen Temperaturanstiegen von bis zu 2 Grad und sogar darüber einen Nutzen von 2 000 Euro. Für welche Investition entscheiden Sie sich? Für eine sichere Rendite von 1 700 Euro oder für eine höhere Rendite von 1 900 Euro, wenn der Temperaturanstieg unter 1,5 Grad bleibt? Die Zahlungsbereitschaft (der internationalen Gemeinschaft) für die Risikominderung in einigen der am meisten gefährdeten Regionen der Welt wird in den nächsten Jahren auf die Probe gestellt.

Im Jahr 2021 wurde stärker anerkannt, wie wichtig Anpassungsfinanzierungen für Entwicklungsländer sind. Für die Entwicklungsfinanzierer – und damit auch die multilateralen Entwicklungsbanken – besteht die Schwierigkeit darin, die begrenzten Mittel so effektiv wie möglich einzusetzen und damit gleichzeitig ein neues Entwicklungsmodell anzuschieben.

Ein Wort zum Schluss

2021 war das erste Jahr des entscheidenden Jahrzehnts. Die Emissionen stiegen weltweit wieder auf das Niveau vor der Pandemie – trotz aller Fortschritte bei den erneuerbaren Technologien, trotz Netto-Null-Zusagen und trotz wichtiger Reformen. Allgemeine Trägheit, versunkene Kosten und das Erbe der industriellen Revolution bedeuten: Wir haben die globale Emissionskurve noch nicht einmal nach unten gebogen. Bestenfalls flachen wir sie gerade ab.

Ein Grund zum Verzweifeln? Nein. Beim Rückblick auf das Jahr 2021 gibt es gleich mehrere Gründe für Optimismus. Ein vorsichtiger Optimismus vielleicht – aber dennoch Optimismus. Die Netto-Null-Zusagen von 90 Prozent der Weltwirtschaft – vor wenigen Jahren noch undenkbar – sind ein eindeutiges Signal, dass es in die richtige Richtung geht. Über die Geschwindigkeit, mit der die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen zurückgeht, lässt sich streiten, aber das Ziel ist klar.

Die Solarindustrie hat uns gezeigt, wie schnell es gehen kann, wenn die Märkte erst einmal den Wendepunkt erreichen. Noch immer nicht überzeugt? 2019 lag der Anteil reiner Elektroautos bei den Neuzulassungen in Deutschland bei 3,1 Prozent. 2021 waren es schon 25 Prozent. Klimapolitik ist jetzt Industriepolitik, und der Wettlauf hat begonnen.


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Chris Hurst ist Direktor mit Generalvollmacht der Direktion Projekte bei der Europäischen Investitionsbank. Edward Calthrop leitet innerhalb dieser Direktion die Abteilung Umwelt-und Klimafinanzierung.


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  1. Chris Hurst ist Direktor mit Generalvollmacht der Direktion Projekte bei der Europäischen Investitionsbank. Edward Calthrop leitet in der Direktion die Abteilung Umwelt-und Klimafinanzierung. Die Autoren danken allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der EIB-Gruppe, die im letzten Jahr so engagiert über Klimafragen mitdiskutiert haben. Ihr besonderer Dank gilt dabei den Kolleginnen und Kollegen der Abteilung Ökologische, klimatische und soziale Aspekte.
  2. Die Hilfsorganisation Christian Aid veröffentlichte kürzlich einen Bericht, der die zehn finanziell folgenreichsten Ereignisse im Jahr 2021 auflistet, von Wirbelstürmen in den USA, China und Indien bis hin zu den Überschwemmungen in Australien, Europa und Kanada. Ihr Bericht greift auch fünf Ereignisse mit gravierenden Auswirkungen für den Menschen auf, darunter die Dürren in Afrika und Lateinamerika.
  3. Die Emissionen im Jahr 2021 dürften höher ausfallen als prognostiziert, weil in den letzten beiden Quartalen – zum Teil bedingt durch die Preisexplosion bei Erdgas – in den wichtigsten Weltmärkten verstärkt Kohle verstromt wurde. Der Anstieg spiegelt insbesondere die Emissionen in den USA und China wider (siehe Coal-Fired Power – Analysis – IEA).
  4. Laut dem sechsten Sachstandsbericht des Weltklimarats (IPCC) dürfte uns ab Anfang 2020 nur noch ein globales Restbudget von 500 Gigatonnen CO2 bleiben, um das 1,5-Grad-Ziel mit einer 50-prozentigen Wahrscheinlichkeit zu erreichen (Tabelle SPM.2).
  5. Siehe Climate Action Tracker.
  6. Anfang 2018 lagen die Emissionspreise noch bei unter 10 Euro pro Tonne. Nach diversen Reformen überschritten die Preise Anfang Januar 2021 erstmals die Marke von 30 Euro pro Tonne. Im weiteren Verlauf des Jahres stiegen die Preise weiter drastisch an und knackten im Dezember schließlich die 80-Euro-Marke. Die aktuellen Preise reflektieren sowohl die langfristigen Fundamentaldaten (es wird vorgeschlagen, die Zahl der jährlich neu auf den Markt kommenden Emissionszertifikate um 4,2 Prozent zu reduzieren) als auch die kurzfristige Dynamik – etwa den jüngsten Umstieg des Stromsektors von Gas auf Kohle.
  7. Die ETS-Preise allein werden die Investitionen in kapitalintensive neue Technologien nicht vorantreiben. Es bedarf einer gezielten Unterstützung – etwa aus dem Innovationsfonds der EU –, um Unternehmen für Investitionen in kapitalintensive Technologien zu gewinnen. Die Ergebnisse des ersten Aufrufs für Großprojekte wurden am 16. November 2021 veröffentlicht. Sieben Projekte sollen bahnbrechende Technologien für energieintensive Industrien (Wasserstoff, CCUS) und erneuerbaren Strom auf den Markt bringen.
  8. Laut jüngster Analyse der IEA ist ein CO2-Preis von 40 bis 120 US-Dollar pro Tonne erforderlich, um die Kosten der CO2-Abscheidung in industriellen Prozessen mit verdünnten Abgasströmen – z. B. in der Zementherstellung – zu decken.  Bei industriellen Prozessen mit hochkonzentrierten CO2-Strömen (etwa bei der Ethanolherstellung oder Erdgasverarbeitung) ist die Preisspanne mit 15 bis 25 US-Dollar pro Tonne CO2 deutlich geringer. Hinzu kommen die Kosten für Transport und Lagerung, die von Fall zu Fall stark variieren dürften.
  9. Die Erzeugung von Wasserstoff aus erneuerbaren Energien (z. B. Methan-Dampfreformierung) ist laut einer aktuellen Analyse ab etwa 100 Euro pro Tonne CO2 im Vergleich zu fossilen Brennstoffen konkurrenzfähig.
  10. Doch ist hier Vorsicht geboten. Noch ist unklar, wie viel von den 130 Billionen US-Dollar in grüne Aktivitäten fließen wird. So werden etwa verwaltetes und eigenes Vermögen doppelt gezählt. Auch der Zeitrahmen ist unklar. Dennoch zeigt die Zahl, dass ein erheblicher Teil der weltweiten Finanzbranche die Paris-Ausrichtung immer stärker in den Fokus rückt.