Mit mehr weiblichen Beschäftigten würde der öffentliche Verkehr ganz sicher frauenfreundlicher, weil die Bedürfnisse von Frauen besser berücksichtigt würden. Deshalb ist in Indien beispielsweise ein bestimmter Prozentsatz offener Stellen für Frauen vorgesehen.
Bei einem EIB-Projekt zur Modernisierung der U-Bahn in Bengaluru waren 33 Prozent der geschaffenen Arbeitsplätze für Frauen reserviert. Von den 282 weiblichen Beschäftigten sind 118 Fahrerinnen oder Stationsleiterinnen. Frauen, die nicht in der Nachtschicht arbeiten können, werden für die Früh- und Tagesschicht eingeteilt. Außerdem können Mitarbeiterinnen, die an zwei Stationen arbeiten, ihre Kinder in eine Tagesstätte geben.
Mehr Diversität im Verkehrswesen würde auch mehr Talente anziehen und gegen das Altersproblem helfen: Ein Drittel der Beschäftigten ist über 50. Unternehmen mit mehr Frauen in Führungspositionen schneiden außerdem finanziell besser ab, wie aus einem Bericht des Beratungsunternehmens McKinsey aus dem Jahr 2018 hervorgeht. Firmen, die in der Kategorie genderdiverse Führung im obersten Quartil angesiedelt waren, hatten 21 Prozent häufiger eine überdurchschnittliche Rentabilität als Unternehmen aus dem vierten Quartil.
Genderaspekte bei der Verkehrsplanung zu berücksichtigen, heißt nicht, Frauen zu bevorzugen. Vielmehr geht es um Lösungen, die den Bedürfnissen beider Geschlechter entsprechen. Eine Videoüberwachung etwa dämmt Gewalt gegen Frauen und Männer ein und macht öffentliche Verkehrsmittel generell attraktiver. Und ein angepasstes Verkehrsangebot für Menschen, die unbezahlte Arbeit leisten, hilft allen Sorgenden – nicht nur Frauen.
Ein gleichberechtigter Zugang verbessert die Chancen aller. Davon profitieren letztlich auch die Gesellschaft und die Wirtschaft.
Maja Roginska ist Senior Transport Economist, Moa Westman Gender-Expertin bei der Europäischen Investitionsbank.